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Wo ein Wille ist, da ist auch Geld

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) macht es vor. Bis 2029 müsse Deutschland „kriegstüchtig“ sein, sagt er. Und fordert Milliarden. Und bekommt sie auch. Wo ein Wille ist, da ist auch Geld. Wer sagt schon nein, wenn Russland in der nahen Ukraine einen Angriffskrieg führt? Doch in fünf Jahren „kriegstüchtig“? Da müsste Pistorius wohl noch mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sprechen.

Denn gleichzeitig führt Lauterbach seine große Krankenhausreform durch. Mit dem „Aus“ für viele kleinere Kliniken. Das ist das Gegenteil von „kriegstüchtig“. Bei jährlich fünfhundert Apothekenschließungen verliert das Land auch Jahr für Jahr Arzneimittelvorräte im Wert von 150 Millionen Euro. Gleichzeitig tut Lauterbach bei Arzneimitteln und Grundstoffen nichts gegen die gefährliche Lieferabhängigkeit von China, Putins engstem Verbündeten. Und was ist mit dem dramatischen Mangel an Pflegekräften in den Krankenhäusern? Kriegstüchtig? Auch dafür hat der Gesundheitsminister kein Geld.

Kein Geld oder kein Wille – im Gesundheitswesen immer das gleiche Problem.  Krankenschwester – einst Traumberuf für viele Frauen. Ausgeträumt. Zu viel Stress, zu wenig Gehalt. Da hilft es auch nicht, wenn, wie aktuell, die Ärzte in den Kinderkliniken Alarm schlagen. Überall fehle es an Kinderkrankenschwestern. Nur noch zwei Drittel der Bettenkapazität könne genutzt werden. Dabei komme es immer wieder zu Engpässen bei der Behandlung von Kindern und Säuglingen. Die Kinderärzte beklagen, dass sie nicht gehört werden.  Obwohl es hier um das Leben und die Gesundheit von Kindern geht.

Auf die dramatischen Engpässe beim Pflegepersonal weisen die Krankenhäuser schon lange hin. Genau so wie die Alten- und Pflegeheime. Arbeitet der Bundesgesundheits-minister an Lösungen? Nicht bekannt. Abgesehen von seiner Krankenhausreform –  Krankenhäuser schließen in der Hoffnung, ein Teil des freigesetzten Personals würde in die übrigen Kliniken abwandern. Und die Lage dort entspannen. Eine Pseudo-Lösung mit Einmal-Effekt. Nicht zukunftstauglich.

Was wir dringend brauchen, ist eine nationale Pflegeoffensive!  Auch wenn ein solch großes Projekt nicht einfach zu organisieren ist. Alle zuständigen Ministerien müssten mitspielen. Denn hunderttausende Frauen und Männer dauerhaft von der Attraktivität der Pflegeberufe zu überzeugen ist eine Mammutaufgabe. Und sie muss über Jahre  kontinuierlich fortgeführt werden. Weil eine immer älter werdende Gesellschaft  immer mehr Pflege zuhause braucht. Und immer mehr Pflegeplätze in Altenheimen. Und zumindest kein Aus mehr für  Krankenhausbetten.  Doch was nützen Betten, wenn niemand da ist, dKlar ist – von nichts kommt nichts. Also „Powerplay“. Alle Möglichkeiten der direkten und indirekten Ansprache nutzen. Angefangen in jungen Jahren, bei den Praktika in den Schulen. Zu denen schwärmen Schülerinnnen und Schüler jedes Jahr für zwei Wochen aus – warum nicht auch in Kliniken und Pflegeheime? Die könnte man zu einer bestimmten Aufnahmezahl  verpflichten. So würden jährlich zehntausende Schülerinnen und Schüler einmal Klinik- oder Pflegeluft schnuppern. Fortsetzen ließe sich die Ansprache der jungen Leute in den sozialen Medien. Viele Millionen Mal am Tag werden die Clips auf X, TikTok, Instagram, facebook oder YouTube von Jugendlichen angeklickt. Dort muss Pflege noch präsenter sein. In der Sprache und den Bildern der sozialen Medien.

Das Fernsehen nicht vergessen! Da sitzen die Erwachsenen. Warum nicht als letzte Werbung vor der „Tagesschau“ oder „Heute“ ein Spot zu Pflegeberufen? Viele werden sich noch an die Verkehrserziehungssendung „Der 7. Sinn“ erinnern. Von 1966 bis 2005 lief sie – also fast vierzig Jahre lang! Vom Fernsehen selbst produziert und wöchentlich zu bester Sendezeit ausgestrahlt. Mit Preisen überhäuft und in vielen Länder ausgeführt: kostete den Bund nichts. Ein erfolgreiches Muster für eine regelmäßige Sendung zum Pflegeberuf!

Und schließlich –  das soziale Jahr. 2011 wurde der Wehrdienst ausgesetzt. Und mit ihm der Zivildienst. Das hat damals Kliniken, Pflegeheime und Pflegedienste getroffen. Jetzt plant der Verteidigungsminister das Wiederaufleben des Wehrdienstes. Das müsste dann auch für den Zivildienst gelten. Doch der kostet Geld. Wie die ganze nationale Pflegeoffensive. Denn es muss sich auch in den Gehältern der Pflege etwas tun. Bevor noch mehr Pflegekräfte abwandern.

Nur – wo kein Wille ist, ist auch kein Geld.